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Bücherecke

 

mit Reiseführern über die Bretagne
und andere Regionen Frankreichs.

 

Austern pur an Ort und Stelle

An Austern scheiden sich die Geister und die Zungen:
Man mag sie, oder man mag sie nicht.
Unter wirklichen Austernliebhabern gilt es als Tugend, sie in großen Mengen zu vertilgen. Sechs Dutzend zum Beispiel. Solche Gefräßigkeit gilt Feinschmeckern als anstößig - nur nicht bei der Austernvertilgung. Es ist wie früher bei den Mohrenköpfen, nur viel, viel besser. Apropos Tugend: Die Austern-Fans haben auch die hartnäckige Legende in die Welt gesetzt, mit ihren Lieblingstierchen im Bauch könne man besser lieben. Besser und häufiger und überhaupt.
Es fehlen gründliche Erhebungen, aber wenn das stimmen sollte, dann ist die Bretagne die ideale Region für einen Erlebnisurlaub. Die Bretagne besteht vor allem aus Küste und überall, wo dort Küste ist, gibt es Austernzucht. Das ganze Jahr über bekommt man in jedem Hafenstädtchen Austern satt zu akzeptablen Preisen.
Natürlich gibt es diese herrlichen Glibbertierchen nicht nur in der Bretagne, sondern auch beim nördlichen Nachbarn Normandie und weiter südlich um die Mündungen von Loire, l'Aiguillon und Sèvre niortaise, um die Insel Ré und die Insel Oleron bis hinunter nach Arcachon - eigentlich an der ganzen Atlantikküste bis zur Mündung der Gironde, dazu noch die Mittelmeeraustern aus dem Etang de Thau.
Aber die Bretonen sind davon überzeugt, daß es bei ihnen die besten gibt. Was man nicht unbedingt beim Wort nehmen sollte, denn die bretonische Auster gibt es nicht. Die bretonischen Austern unterscheiden sich voneinander, wie sich die Gegend um den Mont-Saint-Michel von der um Finistère und um Nantes unterscheidet. Der Geschmack  einer Auster hängt vom Nahrungsangebot, von der Sauberkeit des Wassers, von seinem Salzgehalt, von der verfügbaren Planktonmenge und vielen weiteren Faktoren ab. In einem Punkt freilich kann man den bretonischen Austernchauvinisten nicht widersprechen: Die meisten "flachen" Austern vom Typ belon, die seltener sind und als kostbarer gelten, stammen aus der Bretagne. Womit wir bei den Sorten wären. Es gibt weltweit über achtzig. In Europa spielen jedochnur drei eine nennenswerte Rolle. Die älteste, europäischen Ursprungs und deshalb auch "Europäerin" genannt, heißt lateinisch ostrea edulis. Die Franzosen bezeichnen sie wegen ihrer runden, flachen Form als huître plate. Sie wurde schon im 19. Jahrhundert weitgehend verdrängt von widerstandsfähigeren Austern, die an den Schiffsrümpfen portugiesischer Ostindienfahrer an die französische Atlantikküste gelangten und sich dort prächtig vermehrten. Lateinisch heißen die Dinger gryphaea angulata, die Franzosen nennen sie nach denen, die sie eingeschleppt haben, portugaises. Vor 25 Jahren, ungefähr zum Zeitpunkt, als die Japaner die Märkte mit elektronischen Taschenrechnern überfluteten, wurden die europäischen Küsten von einer japanischen Felsenauster überschwemmt, die die Meeresbiologen crassostreae gigas nennen. Die schnellwachsenden, robusten gigas schleppten einen Virus ein, der ihnen selbst nicht schadete, dafür aber vielen angulata-Kolonien den Garaus machte. Heute stammen mehr als 100000 Tonnen der französischen Gesamtproduktion von 130000 Tonnen Austern aus der gigas-Familie. Da sage noch einer, die Natur richte sich nicht nach den Gesetzen der Nachfrage auf dem Weltmarkt.
Gigas und angulata haben ein langgestrecktes, zerklüftetes Gehäuse mit tiefeingefurchtem Unterteil, weshalb sie in Frankreich huîtres creuses heißen, tiefe Austern. Die flachen und die tiefen Austern wird man schon vom Aussehen her kaum verwechseln. Ansonsten braucht man nur auf die Rechnung zu sehen: Die flachen Austern kosten das Doppelte bis Dreifache bei gleicher Größe.
Die Größen sind normiert. Bei den tiefen Austern unterscheidet man zwischen kleinen (30-50 g), mittleren (50-80 g), dicken (80-100 g) und sehr dicken (über 100 g); bei den flachen von n°5 (30 g) bis n°0 (80 g) in 10-Gramm-Steigerungen. Die raren n°000 wiegen über 100 Gramm. Die fetten flachen Austern sind also die teuersten, aber nicht unbedingt die besten. Wer probieren mag, sollte sich fürs erste an mittlere Formate halten, denn sonst bekommt man leicht den Mund zu voll. Und: Geschlürft wird nur das Wasser, während die Auster selbst gekaut werden muß, um ihren Geschmack wirklich ganz zu entfalten.
Austern sind Hermaphrodite, das heißt, sie können das Geschlecht wechseln. Das muß angenehm sein. Sie können sich unter harter Schale verschließen und ganz ohne die Anstrengungen, die Zeugungslust den Lebewesen sonst abzuverlangen pflegt, Nachkommen produzieren. Die Auster verwandelt sich im Frühsommer einfach in ein Weibchen, verschmilzt zwei gegengeschlechtliche Zellen aus eigenem Bestand und laicht circa 20 Millionen unbefruchteter Eier ab. Dann nimmt sie wieder das maskuline Geschlecht an und überläßt die künftigen Kinder ihrem Schicksal.
So jedenfalls war es früher, als die Austern wild an den europäischen Küsten wuchsen. Heute nehmen sich die ostréiculteurs, die Austernzüchter, der verwaisten Larven an. Austernzüchter sind als Berufsstand genau auf der Mitte zwischen Land und Meer, zwischen Landwirt und Fischer angesiedelt. Sie bieten den frei flottierenden Larven Auffangplätze in günstiger Lage. Diese können aus Dachziegeln bestehen, aus Schieferschindeln, aus Eisenstangen. Heute sind es meist Plastikrohre. Daran setzen sich die wenigen Larven fest, die überlebt haben, beginnen mit dem Hausbau und sind nach drei Monaten fingernagelgroß. Im nächsten Frühjahr sammelt der Züchter die Rohre ein und bringt die Austern in seinen "Meeresclaim", wo sie 20 Monate lang großgezogen werden. Die Methoden sind unterschiedlich. Mancherorts bleiben die Austern dauerhaft von Wasser bedeckt, anderenorts leben sie in Becken zwischen Ebbe und Flut, wieder anderswo liegen sie auf hochtrabend "Tische" genannten Gestellen und werden den Gezeiten ausgesetzt. Danach werden sie verlesen und in grobmaschigen Säcken "affiniert". Man bringt sie für das letzte ihrer vier Lebensjahre in weniger salzhaltiges, möglichst planktonreiches Wasser, wo sie ihren jeweils charakteristischen Geschmack bekommen. Schließlich kommt die "Ernte" und die Verschickung in den hübschen, bourriches genannten Holzkästen. Vierzehn Tage später sollten sie verspeist sein, wenn die Kühlkette nirgendwo unterbrochen wird, durchaus auch in Monaten ohne "r".
Oder man ißt die Austern gleich am Ort, was zweifellos das Beste ist. Einen Restaurantführer braucht man dabei nicht: Da kein Koch die Austern in die Hand bekommt, kann kein Koch sie verderben. Es muß nur jemand die Schalen öffnen, ohne daß sich innen kleine Bruchstücke lösen, die sich später auf der Zunge wiederfinden. Dann werden die Austern auf Eis gelegt und serviert. Man sollte sie pur genießen. Die Essigsauce mit Zwiebeln, die manchmal dazu serviert wird, braucht man nur dann, wenn die Austern verdorben sind - also überhaupt nicht. Zitrone sollte man eher zu Testzwecken benutzen: Wenn man einen Tropfen auf die lebende Auster gibt, zieht sie sich sofort zusammen. Mehr als ein Tropfen sollte es aber keinesfalls sein und selbst der ist eigentlich zuviel. Wenn man allerdings unbedingt eines der unzähligen Rezepte für pochierte, gegrillte oder überbackene Austern versuchen möchte, dann muß man zu einem wirklich vorzüglichen Koch gehen. Am besten zum Besten der Region: zu Olivier Roellinger in Cancale, der sie warm mit einem Mango-Koriander-Jus serviert.
KARL-HEINZ GÖTZE
(Entnommen aus dem Bretagne-Merian)

 

 

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